ORCHESTRIERTES
von taktstrich zu taktstrich
umzwirbelt die harfe
den legato-schwung der violinen /
tupft und tüpfelt das triangel
zwischen pausenbalken
so leichtfüßig verschmitzt /
zupft und züpfelt der kontrabass
mit vierteln und achteln
an dem mezzoforte-scherzando
von flöte und oboe d’amore
unter weitem ligaturen-bogen
beschwichtigt das cello
so großväterlich gemachsam
das quirlige der klarinetten /
zersplittern posaunen
mit akzent, staccato und ff
des fagottes profunde töne /
zerfetzen trompeten
in triolen knallend
das paukengrollen-crescendo
und die partitur, sie denkt:
na echt spitze,
meine abstrakte kunst!
DAS GLAMOUR-GIRL
blogpostings / events / promi-partys
it & stylish & vor allem da
talent unter putz
von yellow-schlagzeilen
und weichkochblick übertüncht
sonnt sich im schatten
seiner busenblitzer,
höschenglitzer
und sonstiger beinfreiheiten
DIE VON UNTEN, DIE VON OBEN
Zweig und Strauch
senken ihr Blattwerk
bebürdet
zum Abtröpfeln
Der Regenbogen
erachtet es
bewürdet
als Reverenz
DIE SIGNATUR DES AUGENBLICKES
Es glitscht dir aus den Fingern,
dieses momentane Jetzt,
das einzige Konkrete der Zeit -
dieser Zeit,
die uns wohl stattlich & voluminös,
doch immer nur im Offline umspannt.
Ja, man übersieht es gar so ahnungslos,
dieses soebene Justament,
geringschätzig als Flittertand des Déjà-vu -
doch genau jetzt,
genau jetzt in diesem Augenblick,
schlägt er zu,
der Augenblick,
und irgendwo im Online
beginnt für irgendwen
eine neue Zeitrechnung ...
REALITY-SHOW
da trage sich herum,
so vernimmt man daher,
es wäre gerüchtelt worden,
vom daher-sagen gehört zu haben,
dass es längst alle sagen würden -
und die realität, sie steht abseits,
de facto,
vor vollendeten tatsachen
und spielt verdutzt & verblüfft
im playback ...
DER WEG, DER NICHTS BEREUT
(Edith Piaf / Frank Sinatra)
NON, RIEN DE RIEN
NON, JE NE REGRETTE RIEN
In verwichenen Liebeleien gestrauchelt,
schiffbrüchig
in einstigen Eskapaden –
nein, nichts zu hobeln an meinem Holz,
nichts zu schmirgeln,
ob zerschrunden oder knotig
Und ist auch kein Pfeil mehr im Köcher,
kein Ass mehr im Ärmel,
nicht mal eine gezinkte Karte -
non, je ne regrette rien,
denn das Leben als Leben
hat es wahrlich nicht versäumt zu leben
AND MORE,
MUCH MORE THAN THIS:
I DID IT MY WAY
UND HINTER DEM CARBONBAND ...
... erklapperte sich
jedes Wort,
jeder Vers
in Pica oder Courier.
Voller Dignität die Majuskeln
ihres Ranges bewusst,
die Gemeinen ergebener,
gemächlich im Trott –
das Komma war als Kumpel
Verschnaufen unterwegs,
der Punkt Sich-Besinnen.
Warten auf das Neue.
Und immer wieder tastete
die Leertaste ins Leere,
kleinlaut,
sich ihrer Hohlheit fast schämend.
Ab und zu Fragezeichen,
die gar wissbegierig klangen
nach Wie? Wann? Wer? Was denn?
Woher? und Warum?
Ausrufezeichen
Mal erstaunt, mal forscher
nach Heureka! Donnerkeil!
nach Jetzt-aber-Ruhe-im-Karton!!!
Und verhakten sich die Hämmerchen
noch so wild ungestüm,
und klingelte die Zeilenklingel
noch so gewissenhaft, nervig –
hinter dem Carbon-Band
erklapperte sich, erplapperte sich
jedes Wort,
jeder Vers
in Pica oder Courier ...
DIE LETZTE U-BAHN
Abend für Abend war
es, immer so kurz vor 23:57 -
noch ein sinnliches Lächeln, ein
Ankuscheln unter deinen
Haarsträhnen, nur schnell eben
diesen Atemhauch noch,
bevor die letzte U-Bahn fährt.
Abend für Abend war
es. Der Sekundenzeiger
zwinkerte uns zu und drehte
diese eine letzte Minute etwas
gemächlicher – schlief der
Rest der Welt ja eh schon längst.
Doch heute fehlt sie uns, diese
Zeit. Zu spät. Aber trotzdem
noch einen Blick zurück, das
Geleise entlang. Nur einmal noch
verspüren, wie es damals war, unter
den Haarsträhnen, so gegen 23:57,
bevor die letzte U-Bahn fährt ...
ILLUSTER SEI DIE KUNST
Und wäre es auch bloß
schwachköpfigste Klospruch-Kleckserei -
ein gewichtiger Name als Signatur
und man verharret,
man erstarret
in ehrerbietiger Bewunderung
vor so viel Tiefsinn, so viel Emotion,
so viel geballter Genialität!
DES TAGES AQUARELL
stimmt morpheus die saiten
der nacht, brennt
in den gedanken noch licht
wie gehölz um moosige
steine treiben sie
im bach, mäandern
um die momente,
in die der tag zersplitterte
entfärben sich,
verschmelzen sich
bis hinter
die letzten schleierwolken
DER EWIGE STREIFEN PULVERDAMPF
In „Winnetou-1“-Film (1963) wird die mythenhafte Nscho-tschi, Winnetous
schöne Schwester, vom Schuft Fred. Santer erschossen.
(„Kaum ein Filmtod hat einen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen.“
FOCUS - 9.12.2013)
Nscho-tschi
flüstern es die Felsen des Rio Peco
noch heute,
und als Echo
nur hämisches Gelache
deiner Desperados
beim Feuerwasser im Saloon.
Nscho-tschi
Schöner Tag
hören es die Mescalero-Apatschen
noch jeden Abend,
und wieder zieht knallend
dieser letzte Streifen Pulverdampf
über das Pueblo.
Ach, Schurke, du fieser,
für das hinterhältige Dahinmeucheln
von Legenden,
von Illusionen
ist keine Verjährung in Sicht,
soweit des Apatschen Auge reicht.
GEFUNDEN
(Johann Wolfang von Goethe - 1813)
Ich ging im Walde
So vor mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümlein stehn,
Wie Sterne blinkend,
Wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen,
Da sagt' es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?
Mit allen Wurzeln
Hob ich es aus,
Und trugs zum Garten
Am hübschen Haus.
Ich pflanzt es wieder
Am kühlen Ort;
Nun zweigt und blüht es
Mir immer fort.
... UND WIRD GEDICHT
(nach „Gefunden“ - J. W. von Goethe)
Ging auch im Walde
So vor mich hin,
Heut’ nichts zu dichten,
Das war mein Sinn.
In Stille ist mir
Ein Wort erwacht,
So farbig klingend,
So rund gedacht.
Ich wollt es greifen,
Da sagt’ es fein:
Soll ich zum Reden
Entzaubert sein?
Mit Klang und Farbe
Hab ich es zart
In mir verstohlen
Dann aufbewahrt.
Ich schrieb es nieder
An hellem Licht –
Nun zweigt und sprießt es
Und wird Gedicht.